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Der Raum zwischen den Tönen - XXXVIII

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Wir leben in einer Zeit der selektiven Empörung. Irgendjemand, irgendwo auf der Welt, fühlt sich von dem, was Sie gerade gesagt haben, angegriffen. Und anstatt einfach zur Kenntnis zu nehmen, dass man unterschiedlicher Meinung ist, wird diese Person ihre mangelnde Toleranz für Ihre Sicht der Dinge kundtun, indem sie dafür sorgt, dass Sie in Ungnade fallen. Dabei ist jedes Mittel recht, Sie vom heimischen Wohnzimmer aus mit nur einem Klick oder einem grausamen Kommentar in irgendeinem Forum bequem in Verruf zu bringen. Cancel Culture – die öffentliche Ablehnung oder der Entzug der Unterstützung für Menschen aufgrund ihrer Meinungen, Moralvorstellungen oder Handlungen – ist eine moderne Form der Ächtung, die an das Scherbengericht im antiken Griechenland erinnert.

Heutzutage wird ein offenes Gespräch mit Kritik oder verletzten Gefühlen abgestraft – was diejenigen, die es zuletzt noch wagten, ihre Meinung zu sagen, nun davon abhält, aus Angst vor den Folgen.
Vielleicht wurde diese Angst beim Amtsantritt Donald Trumps erstmals greifbar. Die Tiraden des Tyrannen, die wie ein ins Wasser geworfener Kieselstein in der ganzen Welt Wellen schlugen, lösten in der Art und Weise, wie Menschen miteinander reden, eine seismische Verschiebung aus. Es ist, als ob es kein Interesse an Gesprächen mehr gäbe, als ob die Menschen keinen Wert mehr darin sähen, sich einfach mit jemandem zu unterhalten. Während man früher zunächst zuhörte und seine Gedanken ordnete, um eine fundierte Aussage treffen zu können, sobald ein:e Gesprächspartner:in das Ende des Satzes erreicht hatte, beharrt heute jeder und jede mit einer klaren Meinung auf seinem Standpunkt und äussert ihn einfach möglichst lautstark – das genügt. Belege sind nicht gefragt.
Und entsteht doch einmal ein Diskurs, wie man ihn von früher kennt – bei dem Menschen Ideen diskutieren und eine Lernkurve mitnehmen könnten – traut sich oft niemand, ihm den nötigen Raum zu geben.

Am 5. April 2023 veranstaltet Gwendolyn’s Bridge Club unter dem Titel «Cancel Culture?» einen Abend bei dem einige kluge Köpfe das Thema näher beleuchten werden. Dazu gehören Jörg Scheller, Professor für Kunstgeschichte an der ZHdK, Journalist und Musiker und seine Gäste Mohomodou Houssouba, Autor, Literaturwissenschaftler und Mitglied des Internationalen Instituts für Afrikawissenschaften, und Inés Mateos, Expertin für Bildung und Vielfalt und Mitglied des Instituts Neue Schweiz (INES).

Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Bitte Reservieren Sie hier.
Die Bar ist vor und nach der Veranstaltung geöffnet.

Datum: 5. April 2023
Zeit: 20:00 Uhr (Einlass 19:30 Uhr)
Ort: Theaterplatz 2, 3011 Bern
Eintritt: CHF 17.-

Mit herzlichem Dank an Marlene Wenger und Bjørn Strømme.

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