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DSC 9642 Darker Gwendolyn Masin

Der Raum zwischen den Tönen - XXI

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«Es ist mir egal, was du über mich denkst, es sei denn, du hältst mich für fantastisch. In diesem Fall gebe ich dir recht.» – Miss Piggy

Im Jahr 2013 fragte ich verschiedene Leute, ob ich das GAIA Musikfestival weiterführen sollte. Zwar hatten wir gerade unser fünfjähriges Bestehen gefeiert, aber trotz aller Anstrengungen des Teams lagen fast alle Aspekte der Mittelbeschaffung und Organisation des Festivals immer noch bei mir. Unser Budget war bereits eher bescheiden, und dann belasteten kurzfristige Absagen von Sponsoren unsere Ressourcen noch zusätzlich. Rund um die Uhr war ich damit beschäftigt, Brände zu löschen. Die Antwort auf meine Frage «Sollen wir weitermachen?» war ein klares «Nein!»
Daran, dass wir uns gerade auf unsere 14. Ausgabe im kommenden Mai vorbereiten, können Sie sehen, dass ich nicht leicht zu entmutigen bin.

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Ähnlich erging es mir mit meinem Artikel «Musik und Elternschaft», der anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2022 in The Strad veröffentlicht wurde. Bevor ich mit dem Schreiben begann, musste ich lange nach jemandem suchen, der überhaupt mit mir über dieses Thema sprechen wollte. Ich fragte Frauen und Männer, ob es ihrer Meinung nach nicht eine Sicht der Dinge gebe, die man offen aussprechen sollte, um in Bezug auf Elternschaft, Familie und Chancengleichheit mehr Empathie und Unterstützung innerhalb der klassischen Musikindustrie und darüber hinaus zu fordern.

Zu den ersten Reaktionen, die ich erhielt, gehörten stolze Äusserungen von Eltern, die erklärten, sie kämen ganz gut zurecht, vielen Dank, und dass ich aufhören solle, mich zu beschweren. Andere sagten mir, dass jeder diese Geschichte schon eine Million Mal gehört habe und dass man sich einfach damit abfinden müsse, wie die Dinge sind. Zyniker erinnerten mich daran, dass Familie – wie so viele andere Dinge im Leben – eine Entscheidung sei.

Aus diesen Äusserungen habe ich mitgenommen, dass die «Silent Generation» – oder Nachkriegsgeneration – die Bedingungen, unter denen sie aufwuchs und überlebte, akzeptiert hat, obwohl sie von Entbehrungen betroffen war. Am anderen Ende des Spektrums steht die Generation Z, geprägt von vielen Wahlmöglichkeiten und wenig Widerstand, von der Vielzahl der Optionen überfordert und unsicher, wie sie ihre eigenen jungen Familien und ihre Elternschaft mit Studium und/oder Arbeit vereinbaren soll.

Angesichts dieses Chors von Neinsagern, die mir rieten, einfach bei der Geige zu bleiben, bevor ich überhaupt mit dem Schreiben begonnen hatte, hatte ich mich innerlich auf negative Kommentare zu meinem Artikel vorbereitet.

Doch die Kernaussage des Artikels fand bei den Leser:innen Gehör. Abgesehen von einer persönlichen E-Mail, in der es hiess «Zu sagen, dass es in unserer Branche immer noch so konservativ zugeht, weil Männer nicht gebären können, ist wirklich sehr sexistisch», begannen andere Menschen, die den Artikel gelesen hatten, ihre eigenen Geschichten öffentlich zu teilen und Kommentare auf meinen Social-Media-Kanälen und in anderen Foren zu posten.

Was mich persönlich besonders gefreut hat: Amanda Palmer, deren Arbeit ich sehr bewundere, veröffentlichte den Artikel in ihrer eigenen Community. Danke an Una Palliser dafür, dass sie darauf aufmerksam gemacht hat. Zu sehen, dass Amanda Palmer über meinen Artikel schreibt, fühlt sich ein bisschen so an, als erhielte ich den Schlag zur Ritterin. Ihr Kommentar: «Dieser wunderschön geschriebene Artikel der Violinistin Gwendolyn Masin ist von brutaler Präzision. Bei ihr geht es um die Welt der klassischen Musik, aber leider ist die Lage in der Welt der Rock- und Indie-Musik genauso verfahren. Und in einer Million anderer Bereiche.»

Darauf, dass Amanda meine Arbeit entdeckt hat, reagierte meine Yoga-Lehrerin und ehemalige Schauspielerin Clare, die ansonsten eher Shakespeare, Toni Morrison oder Joyce zitiert, mit einem einfachen und treffenden: «Fuck. Das wäre für mich der Höhepunkt meines Lebens».

Was ich aus dieser Erfahrung mitnehme? Wenn Sie glauben, dass Sie nichts tun können, um Veränderungen zu bewirken: Denken Sie noch einmal darüber nach. Ich habe einige Ihrer Kommentare unten wiedergegeben. DANKE fürs Teilen!

Herzlichst
Gwendolyn

Amanda Palmer Gwendolyn Masin

KOMMENDE VERANSTALTUNGEN

Karneval der Tiere - Samstag, 19. März 2022
Beim «Karneval der Tiere», einem der berühmtesten Werke der klassischen Musik, geht es um die Geschichte zweier Kinder, deren Vater ihnen einen Tag im Zoo verspricht. Simon Jäggi hat den Text für diesen Abend geschrieben, und Dominique Jann trägt ihn auf Schweizerdeutsch vor. Saint-Saëns' vor allem bei Kindern beliebte turbulente Reise ins Tierreich wird von einem Ensemble unter der Leitung von Gwendolyn und mit einigen der jüngsten Mitglieder des Berner Konsi aufgeführt.

Reservieren Sie Ihre Plätze hier.

Gwendolyn’s Bridge Club – Donnerstag 7. April 2022
Wir heissen Sie herzlich willkommen in den wunderschönen Räumen der Villa Stucki. Musik von Ysaÿe, Brahms und Mendelssohn stehen im Mittelpunkt des Abends. Es musizieren Masterstudierende der Zürcher Hochschule der Künste unter der Leitung und Zusammenstellung von Gwendolyn. Der Abend wird von den Gästen Urs Peter Schneider (Komponist, Improvisator, und Interpret) und Marc Kilchenmann (Fagottist, Komponist, und Verleger) geleitet.

Nach einem Steh-Apero und Schaumwein werden sie vom „Matchbox“ mit einem vegetarischen dreigängigen Menü mit regionalen Bio-Zutaten verwöhnt.

Am Ende des Abends versteigern wir ein Kunstwerk des Berner Künstlers Christoph N. Fuhrer sowie einige ausgewählte Weine des Weinguts Frauenkopf und ein Buch von Gabriela Proksch Bernabé, illustriert von Claudia Martina Rauber.

Reservieren Sie sich hier einen Platz am Tisch.

Kommentar zu "Musik und Elternschaft"

«Ich bin ganz deiner Meinung, meine Liebe! Wir brauchen überall mehr Frauen. Ich behaupte nicht, dass matriarchalische Gesellschaften perfekt wären und die Antwort auf all unsere Probleme darstellen würden. Aber wie du so schön geschrieben hast: Gebären verwandelt uns. Wenn wir ein neues Leben auf die Welt bringen, öffnet sich kurz die Pforte zwischen Leben und Tod, und wir erhaschen einen Blick auf das, was dahinter liegt. Ich glaube nicht, dass uns diese Erfahrung unverändert lässt. Und etwas tief in uns beschliesst, dass wir unsere Zeit hier besser nutzen sollten, wenn wir in dieser Welt leben wollen.

Übrigens denke ich, dass auch Frauen, die keine biologischen Mütter sind, ein Kind zur Welt bringen: Projekte, Bücher, Gemälde, Yogastudios ;-), Musikstücke, Pflanzen und Blumen in ihrem Garten... Mutterschaft ist etwas Energetisches und Universelles, ein Impuls, sich um andere und sich selbst zu kümmern, den meiner Meinung nach alle Menschen teilen. Wir brauchen mehr mütterliche Energie, jetzt mehr als je zuvor – so viel ist sicher. Ich hoffe wirklich, dass dies der letzte Aufschrei einer Ära ist, des Patriarchats, das zum Aussterben verurteilt ist.» – Elisa Malinverni, Yoginī, Tänzerin, Coach, Autorin

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«Ich bin keine Profi-Musikerin, aber was du sagst, gilt über die Kunst hinaus ... Zufälligerweise fühle ich das, worüber du heute schreibst, zutiefst, den ‘inneren heulenden Wolf der künstlerischen Inspiration’, und ehrlich gesagt hat es mich zu Tränen gerührt. Sich in all die neuen Dimensionen der Mutterschaft auszudehnen und gleichzeitig am Kern unseres inneren Selbst festzuhalten, das sich durch den Prozess des Mutterwerdens exponentiell ausdehnt, ist ein Paradoxon in einem Rätsel in einem Mysterium... Deine Worte und dein Mut, dich voll und ganz zu zeigen, ist göttliche weibliche Energie im Fluss. Wir sind dabei, ein neues Paradigma zu erschaffen, wie wir in dieser Welt leben, wie wir Geschäfte machen, Kunst schaffen, unsere Kinder grossziehen usw.» – Shalom Lambert, Psychotherapeutin

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«Ich kann kaum mehr als die ersten drei Absätze lesen, ohne zu weinen. Ich werde von vorne beginnen, wenn ich meine Emotionen wieder im Griff habe – aber als Mutter von drei Töchtern, jungen Frauen, deren Brillanz meine eigene in den Schatten stellt, die es aber ohne mein eigenes bereitwilliges Opfer von Berufung, Begabung, Ausdruck (bitte das gewünschte Wort einfügen) nicht gegeben hätte, kann ich mich in deine Erfahrungen einfühlen und freue mich über deine Entscheidungen, so schwer sie in dieser Welt auch sein mögen. Ich bin bei dir. Ich feiere deine Entscheidung und deinen Kampf. Und ich freue mich darauf, mehr von dir zu lesen.

Heute Morgen habe ich es geschafft. Hervorragend geschrieben und ohne jede Opfermentalität, die bei so vielen Texten zu diesem Thema mitschwingt. Dein Ansatz und die Stärke deiner Aussagen geben deinem Beitrag die Art von Kraft, die hoffentlich etwas verändern wird. Ich bin zwar nicht in der bildenden Kunst tätig, musste aber auch erleben, dass die Zulassungsbeamten, die über die Fortführung meines Magisterstudiums zu entscheiden hatten, das Gespräch einfach abbrachen, als ich zugab, mit meinem dritten Kind schwanger zu sein. Keine Fragen, keine Tipps oder Ermutigungen, einfach nur das Ende des Gesprächs. Das hat mich umgehauen, denn ich hatte mein Studium mit zwei Kleinkindern begonnen – ein viel schwierigeres Szenario, was die Konzentration angeht, als eine Schwangerschaft!

Wie dem auch sei, hier geht es nicht um meine Geschichte im Besonderen, sondern um die Gestaltung der Kultur als Ganzes. Was könnte es für uns bedeuten, die Weitergabe der Talente, der Disziplinen, der Begeisterung für unser Handwerk/unsere Arbeit (was auch immer das sein mag) an die nächste Generation zu feiern? Was könnte das für die Welt bedeuten – wie könnte es alles verändern, wenn Eltern (Mütter und Väter, die Wert darauf legen, Kinder zu den nächsten Führungspersönlichkeiten zu erziehen) Führungspositionen einnehmen würden, anstatt Kinder als Last, Hindernis, blosse Ablenkung oder Ärgernis zu betrachten? Die Welt verpasst nicht nur eine der grössten Freuden der Menschheit, sondern auch den Sinn des Ganzen. Der Mensch ist dafür geschaffen, auf diese Weise zu lernen und zu wachsen: in einer liebevollen Beziehung, in der wir gemeinsam die Welt erforschen und beeinflussen–eingegrenzt durch unsere Verantwortung füreinander. Innerhalb dieser Grenzen bringen wir unsere beste Arbeit hervor, denn sie ist nicht ätherisch von der menschlichen Realität abstrahiert, sondern stattdessen in der schmerzlich schönen, erdigen, beziehungsreichen menschlichen Erfahrung verankert. Auch wenn das bedeutet, dass wir uns mehr anstrengen müssen, um uns zu konzentrieren.

Ich bewundere deine Disziplin und applaudiere aus der Ferne. Ich bin dankbar für dich.» - Kelsey Baldwin Reed, Erzieherin, Autorin, Sprecherin

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«Ich habe gerade den absolut wunderbaren Artikel in deinem Blog über Musik und Elternschaft gelesen. Ich finde es toll, wie du alle Künstlerinnen und Künstler berücksichtigst und die Mutterschaft mit deiner Kunst verbindest. Ich hoffe, dass viele, viele Menschen dies lesen und den Sinn deiner Worte zu schätzen wissen. «Es ist höchste Zeit, dass klassische Musiker aufstehen, sich ermutigt fühlen, den Vorhang für starre Interpretationen des Künstlers im 21. Jahrhundert zu lüften und offen über die Schwierigkeiten und Herausforderungen zu sprechen».» - Jane Nicholls, Expertin für psychische Gesundheit

MÄZENATENTUM

Topic Press allg Gwendolyn Masin

Ich möchte die Gemeinschaft, das Verständnis und die Offenheit unter den Musikliebhabern überall fördern. Meine Arbeit ist darauf ausgerichtet, dies zu fördern, und Ihr Beitrag gibt dem Ganzen noch mehr Sinn und Dimension.

Ihre Unterstützung gibt mir Mut und Motivation, weiterzumachen, nie mit dem Forschen aufzuhören, der ewige Schüler zu bleiben und zu teilen, zu teilen, zu teilen. DANKE!

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GAIA Musikfestival

4. – 8. Mai 2022

NCH International Master Course

2. – 7. August 2022